Konzertreise nach Brandenburg und Berlin 2011
(von Susanne Schneider)
Der Philosoph sagt: Man muss erst Hindernisse überwinden, ehe man eine Reise wirklich genießen kann.
Konzertreisen zaubern denen, die mitgefahren sind, immer ein seliges Lächeln ins Gesicht, so oft die Erinnerungen kommen. Aber vielleicht hat es seinen Grund in obiger Philosophie, dass die Augen noch ein wenig mehr strahlen, wenn die Sprache auf die Konzertreise 2011 kommt.
Tag 1: 29. August 2011 – Alle Anreise ist schwer
Doch zunächst sah am Tag der Anreise nichts nach Hindernissen aus. Im Gegensatz zum Vorjahr standen frühzeitig alle Konzerte fest, das Wetter versprach gut zu werden und voller Vorfreude versammelten wir uns zur Mittagszeit auf dem Inselplatz. Wer indes nicht kam, war der Bus. Wir versuchten, den Busfahrer zu erreichen, was nicht ganz einfach war und uns nicht unbedingt schlauer machte, denn klare Ansagen, wann er denn käme, waren nicht zu bekommen. Nur so viel war schnell klar: es könnte noch dauern. Wie aber überbrückt man die Zeit auf einem Parkplatz ohne Schatten in schönster Mittagshitze, wenn man sich nicht zu weit weg bewegen darf, weil jederzeit der Bus kommen und damit das Signal zum Aufbruch ertönen könnte? Flüssigkeitszufuhr ist für den Anfang eine ganz gute Idee und so zog eine kleine Schar los zum damals noch existierenden Real in der Schillerpassage und deckte sich nicht nur für den akuten Moment mit Getränken ein, sondern kaufte gleich noch einen Kasten Club Mate für die kommende Woche, aus dem süchtige Mitreisende gegen einen kleinen Obolus eine Flasche nehmen könnten. Etliche Selbstauslösergruppenfotos später kam dann auch der lang ersehnte Bus und es konnte mit anderthalb Stunden Verspätung losgehen Richtung Brandenburg. Eine Erklärung der Verspätung war vom Busfahrer indes immer noch nicht zu bekommen, weil er die meiste Zeit der Fahrt am Telefon hing (wie gut, dass das kein Polizist gesehen hat) – später stellte sich heraus, dass er wohl aus der Entfernung ein Problem mit einer die Wohnung ausräumenden Exfrau zu lösen hatte.
Ohne weitere Zwischenfälle und unfallfrei (und während der Busfahrt schon eingestimmt mit Rainald Grebes „Brandenburg“) kamen wir schließlich am KiEZ Frauensee an. Mitten im typisch brandenburgischen Kiefernwald an einem See gelegen, verströmte es mit seinen zweigeschossigen Plattenbauten den Charme eines DDR-Ferienlagers. Der Frauensee war frei zugänglich und es gab keine zeitliche Nutzungsbeschränkung. So waren wir in den folgenden Tagen nicht nur tagsüber in jeder freien Minute im See (abzüglich einiger Zeit auf dem Volleyballfeld), sondern mehr als einmal auch nachts. Da die Kinder, die hier gerade ihre Ferien verbrachten, dann schon im Bett lagen, konnten wir ohne Scham sämtliche Hüllen fallen lassen. Nächtliches Nacktbaden unter’m Sternenhimmel mit einer Flasche Wein – was will man mehr?
Tag 2: 30. August 2011 – Hochmeisterkirche Berlin
Am Dienstagvormittag wurde zunächst geprobt und dann, wozu wir am Vortag nicht mehr gekommen waren, das schon erwähnte Beachvolleyballfeld für den Rest der Woche in Beschlag genommen. Die Schulkinder wurden gnädigerweise in unsere Spiele integriert (zumindest ab und zu), wenn sie schon sonst keine großen Chancen mehr bekamen, das Feld mal zu ihrer freien Verfügung zu haben, und sie schlugen sich gar nicht schlecht gegen die Großen.
Am Nachmittag – wir hatten inzwischen einen neuen Busfahrer bekommen – ging es zum ersten Mal nach Berlin, unser erstes Konzert in der Hochmeisterkirche stand bevor. Zeit für ausgiebiges Sightseeing war nicht, es reichte gerade, um sich etwas zu essen zu organisieren (der Asiate in der Nähe dürfte mit uns einen ganz guten Tagesumsatz gemacht haben), aber so wahnsinnig viel zu sehen gab es in der Ecke von Berlin auch nicht. Christoph musste das Konzert von der Ersatzbank aus bestreiten, denn er hatte seinen Anzug im KiEZ vergessen – dafür bekam er dann gleich die Kamera in die Hand gedrückt.
Tag 3: 31. August 2011 – Potsdam und Geltow
Diesmal hielten wir uns nicht mit lästiger Probenarbeit auf, sondern starteten gleich nach dem Frühstück Richtung Potsdam. Wir hatten richtig viel Zeit, durch das holländische Viertel oder Park und Schloss Sanssouci zu schlendern, in einem netten Café zu sitzen oder im Neuen Garten am Heiligen See zu faulenzen. So viel Zeit sogar, dass wir uns noch nicht mal für eine der Möglichkeiten entscheiden mussten, sondern alles machen konnten.
Am späten Nachmittag ging es weiter nach Geltow, wo wir diesmal in einer hübschen Backsteindorfkirche sangen. Das Wetter hatte es den ganzen Tag gut mit uns gemeint (wie es das auch schon am Vortag getan hatte und auch den Rest der Woche tun würde), die Dorfbewohner empfingen uns freundlich und erschienen zahlreich zum Konzert. Zurück in Frauensee entschieden wir uns diesmal gegen Lagerfeuer und Gesang und wählten stattdessen Gemeinschaftsspiele und Gesang (Das Ding 1-3 plus Gitarre) – für manchen eher Gegröhle als Gesang. Die männliche und die weibliche Maren bekamen ihre Namen, die sich wohl bis in alle Ewigkeit halten werden, sehr zum Leidwesen der männlichen Maren.
Tag 4: 1. September 2011 – Burg Storkow
Die für den Vormittag angesetzte Probe konnten wir schnell hinter uns bringen, anschließend wurden bis zum gewohnt rustikalen Mittagessen (wie sich das für ein DDR-Ferienlager gehört) See, Schaukeln und Volleyballfeld rege frequentiert; ein paar verirrten sich auch in den Streichelzoo (Was gab es in diesem KiEZ eigentlich nicht? Es setzte jedenfalls für die nächsten Jahre Maßstäbe, hohe Maßstäbe.).
Am Nachmittag fuhr uns der Bus nach Storkow, wo wir auf der Burg unser nächstes Konzert geben wollten. Doch zunächst war erstmal Zeit, das örtliche Freibad zu entern, wir hatten ja an diesem Tag noch nicht genug gebadet. Und dort gab es auch – endlich mal wieder – ein Volleyballfeld, wir hatten schon mit Entzugserscheinungen zu kämpfen. Das Konzert im Burghof war wahrscheinlich das schwerste der Reise und das nicht, weil uns vielleicht die Sonne die Erinnerung an die Stücke aus den Köpfen gedörrt hätte, so viel, wie wir uns ihr ausgesetzt hatten. Nein, an uns lag es nicht, auch nicht an der Open-Air-Akustik oder am Publikum, zu dem unter anderem Ines‘ Mutter und Oma und zum ersten Mal auch unser Busfahrer gehörten. Aber parallel zu unserem Konzert fand in der Burg ein Fest/Empfang/Was-auch-immer statt und die Veranstalter hielten es nicht für nötig, lautstärkemäßig auch nur die geringste Rücksicht auf uns zu nehmen. Unsere ob dieser Rücksichtslosigkeit erregten Gemüter konnten wir nach dem Konzert im Burgcafé bei Kuchen wieder beruhigen und erst spät abends wurde die Heimfahrt angetreten. In Frauensee hielten die letzten bis mindestens 2 Uhr nachts mit Gitarre und Gesang aus.
Tag 5: 2. September 2011 – Berlin oder Natur
Nach drei Konzerten, von denen uns vor allem das Letzte einiges abverlangt hatte, hatten wir uns eine kleine Pause verdient, und so kam der freie Tag gerade recht. Basti, unser Busfahrer, erklärte sich bereit, die Stadtpflanzen unter uns nach Berlin zu bringen, alle anderen entschieden sich entweder für süßes Nichtstun am Strand des Frauensees oder für eine Kajaktour auf den Dahme-Heideseen. Am Abend kamen alle zufrieden und voller Eindrücke bei der traditionellen Grillparty zusammen. Nachdem der erste Hunger gestillt war, wurde im Schein der Stirnlampe der am Nachmittag begonnene, im Gemeinschaftsraum entdeckte Schundroman weiter gelesen (es brillierten in den Rollen der Rachel und des Jean-Luc: Julia, später Ines und Lucas), an den unpassendsten Stellen unterbrochen von des Grillmeister Roberts Frage: „Will noch jemand ‘ne Bulette?“ Und noch später gab es auf dem Spielplatz Langzeitbelichtungsexperimente mit Stirnlampen, Handys und Julias Kamera.
Tag 6: 3. September 2011 – Konzert mit den singenden Gurken
Der Vormittag war einmal mehr dem entspannten Badevergnügen vorbehalten. Wobei, für all diejenigen, die, wenn sie nicht schnell genug fliehen konnten oder stark genug waren, sich gegen drei bis vier Leute gleichzeitig zur Wehr zu setzen, ohne Rücksicht auf Straßenkleidung oder nicht ins Wasser geworfen wurden, war es vielleicht nicht ganz so entspannt. Noch unentspannter wurde es für alle, als wir den Verlust eines Zimmerschlüssels feststellen mussten.
Das Mittagessen bestand zur Abwechslung aus Schnittchen im Bus, während selbiger uns zu unserem zweiten Berlin-Konzert brachte, diesmal nach Karlshorst. Ines’ Verwandt- und Bekanntschaft lud noch schnell zu einem „kleinen“ Kuchenimbiss – manchem kam da das Wort „Komafressen“ in den Sinn – bevor wir zusammen mit dem Ensemble camerata cucumis cantans die Bühne respektive den Altarraum betraten. Die besonders schwungvolle Darbietung von „Let my light shine bright“ löschte zumindest bei mir sofort jegliche Erinnerung daran, wie wir das Stück sonst immer gesungen hatten – vielleicht ging es mir nicht als einziger so, es wurde jedenfalls noch lange darüber gesprochen.
Auf der Rückfahrt gab es nochmal Schnittchen im Bus (wie wir nach all dem Kuchen schon wieder essen konnten, bleibt ein Rätsel). Und weil es der letzte Abend der Reise war, gingen wir nach der Ankunft in Frauensee nicht sofort ins Bett, sondern versammelten uns mit nicht unbeträchtlichen Mengen Alkohols am Strand. Die letzten lagen um 4 im Bett.
Tag 7: 4. September 2011 – Abschied in Eichwalde
Nur schwach motiviert quälten wir uns am Morgen nach einer Nacht mit viel zu wenig Schlaf und viel zu viel Alkohol aus den Betten. Aber es half nichts, die Sachen mussten gepackt, die Zimmer gereinigt werden. Gott sei Dank tauchte wenigstens der verschollene Schlüssel wieder auf, so mussten wir nicht für den Verlust aufkommen. Es blieb auch noch Zeit für ein letztes Bad, bevor erbarmungslos zur Abfahrt gerufen wurde.
Auf der Rückfahrt nach Jena machten wir noch einen kleinen Schlenker nach Eichwalde, wo mit Johanna und Jakob (samt zweier wohlerzogener Kinderchen) zwei ehemalige Chormitglieder unser letztes Konzert und vorher noch ein gemeinsames Mittagessen beim Griechen organisiert hatten. Für das Konzert erhielten wir endlich die Erlaubnis, zumindest während des Mittelteils gemischt zu stehen. Und wir gaben noch einmal alles: Die Stimmung war gut, das Publikum zahlreich, und die vorfreudige Erwartung der nach alter Tradition textlich veränderten Passagen mancher Stücke (und Ines‘ Reaktionen darauf) sorgte dafür, dass wir das ganze Konzert über die Spannung hielten und so gut sangen, wie man es nach einer Woche voller Konzerte und Aktivitäten und nach einer halb durchwachten Nacht nicht unbedingt erwartet hätte.
Nach dem Konzert hieß es Abschied nehmen von denen, die gleich in Berlin blieben, was nicht ganz ohne Tränen ging. Für die Aushilfssängerinnen Kamila und Ulrike, die Solistin Hannah (Querflöte) und natürlich für Ines gab es ein kleines Dankeschön. Und es hieß Abschied nehmen von einer wunderbaren Woche voller Sonne, Musik und schöner Erlebnisse. Die Rückfahrt wurde einmal mehr von Schnittchen im Bus begleitet und natürlich von Musik, denn dass ein Konzert vorbei ist, heißt ja nicht, dass man nicht mehr singen kann. Auf dem Inselplatz ließ Busfahrer Basti noch einige von uns Runden mit dem Bus auf dem Parkplatz drehen, dann verstreuten wir uns in alle Richtungen und Stadtviertel und strebten unseren wohlverdienten Betten zu.
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